Wie Drogen und Psychosen das Leben meines Sohnes und unsere Familie veränderten 

15. August 2009


Die Kostenzusage für die Einrichtung ist nur noch für ein halbes Jahr genehmigt. Der Landschaftsverband kann leider nichts mehr für Patty tun, da er dort weder Mitarbeit, noch Fortschritte erzielt hat. Er ist aus therapiert. Weder eine Wohngruppe, noch andere Unterbringungen z.B.  dieser Einrichtung wird vom Landschaftsverband bezahlt. Das wäre denen zu teuer. Es gibt noch andere Arten von betreutem Wohnen die Patty jedoch ablehnt. Die Betreuerin meint, das uns nichts anderes übrig bleibt als für ihn eine Wohnung zu suchen. Ein psychischer Pflegedienst von der Diakonie soll ihn dann weiter betreuen. Entweder geht es gut, was weder die Betreuerin noch ich glauben, oder er fällt so auf die Nase, dass er wieder eingewiesen werden muss. Leider konnte mir Pattys Betreuerin keine besseren Nachrichten überbringen. Es tat ihr auch sehr leid, dass hat sie mir ein paar mal gesagt.
Als ich diese Nachricht bekommen habe nicht einmal geheult, noch war ich verzweifelt. Ich lag mit Schmerzen im Bett, da ich durch meine OP vor 4 Wochen eine Wundheilungsstörung habe. Vielleicht war ich mit mir und meinen Schmerzen zu sehr beschäftigt, als dass ich irgendwie reagieren konnte.
Mittlerweile kann ich realisieren was das für eine Nachricht ist. Ich weiß natürlich was da auf uns zukommt. Wie oft standen wir in den vergangenen Jahren vor ähnlichen Situationen. Alles ist schief gegangen. Patty ist nicht fähig weder alleine zu leben, noch für sich vernünftige Entscheidungen zu treffen. Trotzdem muss ich das akzeptieren. Wieder einmal fühle ich mich im Stich gelassen. Wenn man Patty nicht helfen kann, warum versucht man es nicht mir zu liebe? Es reißt doch nicht nur Patty runter, sondern mit ihm eine ganze Familie. Wie oft haben wir Patty damals in die Psychiatrie bringen müssen, oder ist er zwangseingewiesen worden. Dreimal haben wir ihn damals so hilflos und überdosiert mit irgendwelchen Suchtmitteln aufgefunden und ins Kranhaus gebracht. Wir selbst waren mit den Nerven am Ende. Armin und ich hatten deswegen sogar eine Ehekrise und ich hätte fast mein Leben weggeworfen. Ich möchte nicht das sich das alles wiederholt. Ist es denn kein Erfolg, dass er fast zwei Jahre ohne Klinikaufenthalt in der Einrichtung gelebt hat? Oder ist es jetzt Zuviel, weil er sich zu einem schwierigen Patienten entwickelt hat und für kurze Zeit einmal in die Klinik musste? Selbst die Ärzte halten ihn für austherapiert. Das hatten die damals schon in der hiesigen Psychiatrie behauptet. Pattys Krankheit ist nicht heilbar, was haben die denn erwartet? Ich hoffe nur das Patty diese Entscheidung überleben wird.
Kein Mensch kann nur erahnen wie es in mir vorgeht. Ich bin so verzweifelt, wütend und doch unfähig zu reagieren.


30. August 2009
Patty macht uns wieder einmal einen sehr kranken Eindruck. Er benimmt sich wie ein ungezogenes Kind. Ebenfalls stimmt mit seiner Motorik etwas nicht.. Ständig lässt er etwas fallen, oder verschüttet, kleckert , ist insgesamt sehr tollpatschig und sehr unruhig.. Seine Bemerkungen mir gegenüber waren an diesem Wochenende sehr obszön, so dass ich ihn mehrmals ermahnen musste, das man so etwas einer Mutter nicht zu sagen hat. Ich habe ihn in vielen Dingen behandeln müssen wie ein kleines Kind, weil es anders gar nicht ging. Er zog sich T-Shirt über den Kopf, oder band sich Tücher vor dem Mund. Andersrum war er dann wieder sehr liebenswürdig, aber eben von der einen auf die nächste Situation sehr sprunghaft. Das Wochenende war insgesamt sehr anstrengend mit ihm.
Wieder einmal steht die Frage im Raum wie das mit der eigenen Wohnung überhaupt klappen soll. Er ist nicht fähig alleine zu leben, trotzdem lässt man das einfach so zu. Wir stehen wieder einmal daneben und können nur zuschauen wie er abstürzen wird.
14. September
Hinsichtlich der Wohnung freut sich Patty wie ein kleines Kind. Er fühlt sich ja schon lange nicht mehr wohl in dem Heim. Vielleicht sollten Armin und ich ihm wirklich mehr zutrauen. Er war das Wochenende wieder bei uns und erzählte das er wieder in Klinik musste. Er hatte schreckliche Zungen/ Schlundkrämpfe und kein Gegenmittel hätte gewirkt. Erst als die Betreuer ihn in die Klinik fuhren und man ihn dort eine höhere Dosis gab, ging es ihm wieder besser. Ich habe ihm nur geraten das wenn er alleine ist, in so einem Fall den Notarzt zu rufen. Trotz das die Wochenenden sehr anstrengend sind, genieße ich die Zeit mit ihm. Ich weiß ja nicht was da noch auf uns zukommt. Wir haben ihm versprochen ihm beim suchen und renovieren zu helfen. Wieder mal! Allerdings kann er nicht mit finanzieller Hilfe rechnen, wie auch uns geht es selbst nicht so berauschend. Ich hoffe nur das es gut geht, daß endlich alles in die richtigen Bahnen gleitet. Für mittlerweile fünf Monate ist seine Versorgung in dem Heim noch gewährleistet, das ist eine Zeit die sehr schnell vorbeigehen kann. Diese fünf Monate sollte ich noch genießen, denn aus Erfahrung und mein Gefühl sagt mir das ich diese fünf Monate ohne Sorgen und Unruhe genießen sollte. Vielleicht hat die Betreuerin recht in dem sie sagt, ich solle mich dann rausklinken um auf die nächste Zwangseinweisung zu warten. Dennoch kann ich das als Mutter nicht. Vielleicht sehen wir das aber alles ein bisschen zu schwarz. Vielleicht überrascht uns Patty mit einem eigenständigem drogen und psychosefreiem Leben. Wir werden sehn!!!!!


15. September

Ich habe gedacht ich hätte noch Luft zum Atmen, habe jedoch heute von Patty erfahren, dass er zum 1. November ausziehen muss. Jetzt habe ich das Gefühl, mir rennt die Zeit davon.


22. September 2009
Selbst wenn ich es so akzeptieren muss, komme ich über die Entscheidung des Landschaftsverbandes nicht hinweg. Ich bin noch nicht einmal wütend, sondern ich fühle mich absolut im Stich gelassen. Ich bin enttäuscht darüber, dass ein so kranker Mensch wie Patty, der aufgrund seines Krankheitsbild keine vernünftige Entscheidung treffen kann, so aus therapiert wird, dass man kein Geld mehr investiert für eine Rehabilitation. Er wird als aus therapiert in die Gesellschaft entlassen, ohne Rücksicht auf Verluste. Da er keine Krankheitseinsicht hat, das zu seinem Krankheitsbild gehört, wird Patty immer wieder falsche Entscheidungen treffen. Er wird nun nicht mehr versorgt und sein Krankheitsverlauf wird sich nur beschleunigen, bis zur totalen psychischen Versandung. Das ist die Prognose der hebephrenen Schizophrenie,............ der Persönlichkeitsverlust. Die letzte eigene Wohnung die er hatte, musste gekündigt werden, da er  zu verwahrlosen drohte und die Wohnung in einem katastrophalen Zustand war. Armin und ich hatten die Wohnung aufgelöst und waren entsetzt wie unser Sohn lebte. Zu diesem Zeitpunkt hatte Patty die Psychiatrie mehr von innen, als von außen gesehen. Nicht einmal das Betreute Wohnen funktionierte, Patty stürzte immer weiter ab. Er wurde immer kranker und sein Griff zu Rauschmitteln, die seine Krankheit wohl erträglicher machen sind da stetiger Begleiter. Wie soll das denn jetzt funktionieren? Patty verhält sich immer seltsamer und kennt kein Maß und kein Ende. Für wen ist er eine Gefahr, für sich oder andere? Bin ich in Gefahr, weil ich mich von dieser Entscheidung so runterziehen lasse. Brauche ich im Moment mehr Hilfe als er? Ich hatte heute meinen "quartalsüblichen" Termin beim Psychiater. Er sprach davon, dass ich professionelle Hilfe brauche und erste Anzeichen vom Burn Out habe. Das mit dem Burn Out habe ich schon vermutet, denn sobald ich mein Beine aus dem Bett habe, habe ich das Gefühl meine Verpflichtungen gegenüber dem Job und meiner Familie, Haushalt usw.. überrollen mich. Ich glaube das sind die ersten Anzeichen, aber würde es mir nicht besser gehen, wenn mit Patty alles in Ordnung wäre? Würde ich meine Verpflichtungen dann doch leichter und lockerer sehen? Ich habe jetzt den zweiten Tag Urlaub und komme morgens kaum aus dem Bett. Ich bin sooooo müde, so ausgelaucht. Nachts habe ich weiterhin die Schlafstörungen, die ich ohne Medis nicht in den Griff bekomme. Mir ging es so verdammt gut und im Moment fühle ich mich wie ein seelisches Wrack. Die Sorge wie es weitergehen soll zernagen mich, lassen mich verzweifeln. Ich male mir das Schlimmste aus, da Patty es gesundheitlich immer schlechter geht. Beim Psychiater haben wir darüber gesprochen in wieweit ich mich schützen kann, wenn Patty wieder auf sich gestellt ist. Vor was soll ich mich schützen,........ vor der Mutterliebe? Den Sorgen? Dem hilflosem Zuschauen, wenn er in sein Verderben rennt? Was mache ich wenn er bis zum Auszug aus dem Heim noch keine Wohnung hat? Wie weit kann ich für mich entscheiden, ohne mir selbst zu schaden? Ich selber kenne das Maß ja nicht, weiß nur das es nicht so weit kommen darf, wie es vor wenigen Jahren gekommen ist. Ich werde mehr daran arbeiten müssen nicht in das tiefe dunkle Loch zu fallen, in dem ich nur mühevoll herauskrochen bin. Ich helfe keinem damit wenn ich selbst so down bin.  Behördengänge für Anträge wie z.B. den Wohnberechtigungsschein unternimmt die Betreuerin kommenden Monat mit ihm. Meiner Meinung nach viel zu spät. Sie hat auch das Aufenthaltbestimmungsrecht, deswegen allein hoffe ich das er nicht in die Obdachlosigkeit fällt.


23. September 2009
Heute veröffentlicht die Zeitschrift Laura einen Artikel über mich. Es ist mein erstes Zeitungsinterview mit Bilder von mir. Ich weiß noch nicht wie einige Leute darauf reagieren werden, denn bei den Radiointerviews hörte man ja nur meine Stimme. Durch die Bilder wird man ja doch schneller erkannt. Trotzdem habe ich diesen Schritt gut durchdacht, denn mir ist es wichtig hinter der Drogensucht zu sehen. Hinter einem jeden Suchtkranken stecken Familienangehörige, die sehr mit zu leiden haben. Es geht nun über diese HP hinaus, meine Geschichte hat nun ein Gesicht. Ich hoffe nur ich bereue den Schritt nicht.


Dienstag den 29.09.2009
zum Gästebucheintrag vom 24. 09
Liebe Andrea Diedenhoven,
Lange habe ich überlegt, was ich zu Deinem Eintrag schreiben soll und erst nach unserem Besuch bei Birgit und Steffen (www.tims-gedenkseite.de ) fielen mir diese Zeile die ich jetzt schreibe ein.  Unsere Kinder wie einen faulen Apfel  in einem Obstkorb zu sehen finde ich makaber. Die anderen Äpfel ( meine beiden jüngeren Söhne) sind nicht schlecht geworden, trotz der sogenannten jahrelangen Coabhängigkeit. Das sich Dein Sohn nach dem Rauswurf zur Entgiftung entschieden hat ist toll, dazu kann man Dir und vor allem Deinen Sohn wirklich gratulieren. Bei meinem Sohn hat dieses nicht geholfen, im Gegenteil, hätten wir ihn nicht aus der Gosse gezogen wäre er heute mit Sicherheit nicht mehr am leben. Es gibt so viele Suchtkranke die nach dem einzigen  verlorenen Halt z. B. den der Familie, in die Verelendung geraten, auch körperlich krank werden und in der Hoffnungslosigkeit noch mehr den Halt verlieren. Das heißt nicht, dass ich meinen Sohn in seiner Sucht unterstützen werde, aber ich sehe seine Sucht mit den ganzen Folgeerscheinungen als Krankheit. Kein Mensch nimmt eine solche Verelendung freiwillig in Kauf, wenn da nicht ein unheimlicher Suchtdruck wäre. Warum schaffen denn so viele nicht die Entgiftung? Warum werden so viele wieder rückfällig? Ich lasse es nicht zu Patty den Halt der Familie zu nehmen, werde für ihn da sein wenn er mich braucht. Das hat nichts damit zu tun indem ich ihm mit Geld unterstütze, denn das weiß ich wäre ein großer Fehler. Er wird von mir wie auch meine gesunden Kinder die Hilfe bekommen, die notwendig zu seinem täglichen Leben ist.
Allerdings hast Du recht mit dem Eintrag, auch wir Eltern auch Recht auf ein eigenes Leben und ihnen diese verdammte Drogen nicht in die Hand gedrückt haben. Aber ein Leben ohne meinen kranken Sohn ist für mich nicht lebenswert.
Alles Liebe
Anja 


5. Oktober 2009
Leider lassen mich die Zukunftssorgen um Patty nicht zur Ruhe kommen. Die Zeit rast und nichts tut sich. Patty war noch nicht mit seiner Betreuerin bei den Behörden. Ich selbst fühle mich durch den Zeitdruck und der Maloche in der Arbeit überhaupt nicht fähig dazu, ihn zu unterstützen. Das Einzige was ich getan habe ist für seinen Hausstand zu sammeln. Er hat ja nichts, das fängt bei Möbel an und hört beim Salzstreuer auf. Patty erzählte uns das er vom Landschaftsverband eine Starthilfe bekommt. Seine Wünsche in Bezug auf Wohnung, sowie sein Leben sind sehr unrealistisch,................... sehr versponnen. Wenn er bei uns zu Hause ist, verschläft er fast den ganzen Tag und die halbe Nacht. Nur wenige Stunden erleben wir ihn wach und dann ist er sehr nervös und unruhig.
Das Schlimmste sind die permanenten Sorgen und Gedanken, die mein ständiger Begleiter sind. Sie verfolgen mich bei der Arbeit, bei Freunden, zu Hause und in meinen Träumen. Ich glaube das meine Angst um ihn mich nicht zur Ruhe kommen lässt. Ich bin so traurig das die Sicherheit die ich ihn in dem Heim glaubte, bald vorbei ist. Es ist wie ein ständig wiederholender Kreislauf, es fängt alles wieder an, wie es vor dem Heim geendet hat.
Armin hatte war heute wieder wegen einem ärztlichen Gutachten beim Arzt. Die Rentenversicherungsanstalt fordert dieses. Bin mal gespannt was da raus kommt. Ich bin da nicht so optimistisch.
Die Gästebucheinträge meiner Leser erschüttern mich sehr. Wie viele leidende Mütter/Väter es doch gibt. Ob das eigene suchtkranke Kind sein Leben wieder lebenswert macht, das andere krank und in die Verelendung gerät, wieder ein anderes kriminell wird, oder im Schlimmsten Fall sein Leben lässt, die Gedanken an diese schrecklichen Zeiten lassen uns wohl ein Leben lang nicht los.........................aber wenn Eltern ihr Kind verlieren ist das Schlimmste, die Endgültigkeit.


15. Oktober 2009
Vorgestern war Pattys Betreuerin bei uns, um gemeinsam zu planen wie es weiter geht. Sie hat dem LVR nochmals den Fall geschildert, so das Patty zuzüglich zu dem Pflegedienst noch eine psychische Betreuung von der Diakonie bezahlt bekommt. Allerdings werden da die Hilfepläne erst im Januar erstellt und dann kommt ja nochmals das Warten auf die Kostenzusage. Betreutes Wohnen in einem Heim wird nicht mehr bezahlt, außer Patty begibt sich in einem strukturierten Heim mit Doppeldiagnosen und sehr strengen Regeln. Ich vermute das, dass mit anderen Worten ein Wegsperren in die Psychiatrie heißt. Patty will mit allen Mitteln seine eigene Wohnung.........und der darf entscheiden. Jeder der nur annähernd mit dem Fall vertraut ist, bekommt allein bei den Gedanken Bauchschmerzen. Trotz allem gehört er nicht weggesperrt, weil er absolut kein agressiver Kranker ist.
Wir haben jetzt so entschieden, dass wir uns mit der Betreuerin die Betreuung teilen. Sie macht weiterhin die behördlichen Gänge, regelt die medizinische Versorgung und wir schauen regelmäßig nach ihm. Wie dann im Januar letzten endlich entschieden wird, steht noch in den Sternen. Ich hoffe nur das sich dann was tut.
Meinem Sohn werde ich nicht den letzten Halt den er noch hat verwehren. Sollte ich warten bis er wirklich in der Gosse gelandet ist ( so ist es mir angeraten worden), könnte es genauso sein Todesurteil sein, zu mindestens aber eine erhebliche Verschlimmerung seiner Krankheit. Wer das einer Mutter rät, der ist in meinen Augen unfähig sein Amt auszuüben.
Natürlich habe ich auch Angst mich selbst damit zu überfordern. Ich bin im Moment sehr labil, zumal auch durch personelle Einsparungen mir meine Arbeit fast Zuviel wird. Ich habe mal wieder die altbekannte Angst alles nicht mehr unter einem Hut zu bekommen. Ich habe Angst davor, dass Pattys Betreuung mich emotional überfordert. Vor allen Dingen habe ich Angst vor den langen schlaflosen Nächten. Ich kann im Moment nichts richtig aufnehmen, weil die Sorgen mich doch überrennen. Trotzdem halte ich an meiner Entscheidung fest, egal was mein Arzt mir sagen wird, oder sonst noch jemand. Ich habe das Glück einen ebenfalls entschlossenen Mann an meiner Seite zu haben, der mich in der ganzen Sache unterstützen wird. Er der sonst so ruhige Mensch hat mit der Faust auf dem Tisch geschlagen und gesagt, dass er es nicht zulässt seinem Sohn sämtliche Hilfe zu verwehren. Gemeinsam werden wir das schon schaffen.
21. Oktober 2009
Ich bin genervt, gereizt, nervös, durcheinander, mein Leben gerät gerade ein wenig aus den Fugen. Die Arbeit im Job wird mir zu viel. Ich maloche den ganzen Tag, Ware verräumen, Werbung aufbauen, Retouren schreiben, Reklamationen bearbeiten, Umbauten, alles unter Zeitdruck...................ach ja und Kunden bedienen, denn die gehen bekanntlich vor. Immer nett und freundlich sein,( egal wie be******** es mir gerade geht) und die Chefs zufrieden stellen( was sowieso schon schwer genug ist.) Es hagelt Kritik ( ich kann im Moment keine Kritik vertragen, ohne das ich das Wasser in den Augen stehen habe) und ich setze mich noch mehr unter Druck. Nach Hause hetzen ( immer noch keine Wohnung für Patty, der im Moment 5 Tage die Woche hier ist), stressig, nervig und hinterlässt mir ein Chaos. Trotz das ich meine Medis versteckt habe, hat er sie gefunden und natürlich genommen, ebenso Alkohol. Die Hebephrenie macht sich stark bemerkbar und ich denke immer wieder an den Persönlichkeitsverlust der mehr und mehr wird. Ich fasse es nicht, dass es keine andere Möglichkeit wie das Wegschließen, oder die Wohnung gibt. Beides ist die schlechteste Lösung, aber uns sind die Hände gebunden. Armin und ich giften uns auch nur noch an. Wir sind beide genervt. Habe immer noch Wundheilungsstörungen von der OP im Juli und zu allem Überfluss noch eine Entzündung dazu bekommen, muss Antibiotika nehmen. Selbst dieses Medikament muss ich vor meinen Sohnemann verstecken, es ist zum wahnsinnig werden. Ich habe ihm angedroht ihn eigenhändig in die Psychiatrie zu fahren, wobei er gleich in Panik ausgebrochen ist. Morgen fährt Armin ihn zurück ins Heim, wir brauchen ein paar Tage Ruhe.
Ich wünsche mir eigentlich  nichts anderes als Ruhe und wenn auch nur für ein paar Tage. Mein Gefühl sagt mir, dass wir in den nächsten Monaten sehr viel Kraft brauchen. Egal wie wütend ich auf Pattys Verhalten bin, im Grunde weiß ich ja das vieles mit seiner Krankheit zusammen hängt. Wenn ich ihn so manches mal beobachte, wie künstlich er sich bewegt, oder welchen Unsinn er oft von sich gibt tut es mir auch unheimlich weh. In ganz seltenen Momenten scheint er " normal " zu sein, aber es ist nicht mehr mein Patty, ..................oder ist er es doch? Ich kenne ihn doch nicht als erwachsenen Mann, er ist irgendwo zwischen 12 und 14 Jahren. Ich glaube der Patty den ich kannte, hat sich mit 19 Jahren von mir verabschiedet um zurück in die Pubertät zu gehen, als kleiner ungezogener Junge im Körper eines 25jährigen. Jetzt sitze ich hier und mir steht schon wieder das Wasser in den Augen, aber ich bin einfach so verzweifelt. Ich kann nicht mehr die Starke sein, ich will auch nicht mehr.............................und eigentlich weiß ich das es noch viel Schlimmeres gibt. Eltern die ihr Kind verloren haben, oder Mütter die alleine mit ihren Problemen sind. Da geht es mir doch noch gut und trotzdem ist mein Herz heute so schwer.
1. November 2009
Manchmal fehlen mir die richtigen Worte alles aufzuschreiben. Es klingt so unglaublich und trotzdem ist es passiert. Vor kurzem haben wir im Forum darüber geschrieben wie wir Eltern und unsere Kinder aufgrund ihrer Sucht und Krankheit stigmatisiert werden.
Pattys Erlebnis am Donnerstag
Patty ist zur Zeit viel zu Hause. Wir suchen hier eine Wohnung für ihn und so ist er greifbar wenn es um eine Wohnungsbesichtigung geht. Da Patty unter starken Krämpfen leidet, hat er immer seine Medikamente gegen diese dabei. Am Mittwoch stellte er fest das er die Medis verloren hatte. Wir versprachen ihm die Medis am Donnerstag abends aus der Einrichtung zu holen. Am Donnerstag morgen ( Armin und ich waren beide arbeiten) ging es dann mit den Krämpfen los. Er ließ sich zum Psychosozialen Trägerverein fahren hatte seinen Medikamentenpass dabei um dort das notwendige Medikament zu bekommen. Die Ärzte des PTV riefen dann im dem Krankennhaus an, wo er zuletzt auf die Medis eingestellt wurde. Dort gab man die Anweisung Patty aufgrund seiner Vorgeschichte nichts zu geben( Patty ist von den verordneten Psychopharmaka abhängig geworden, nicht von dem Notfallmedikament). Zwischenzeitlich hatte er so starke Krämpfe das er seinen weit aufgerissenen Mund nicht mehr zu bekam, die Zunge krampfte, er bekam kaum noch Luft. Die Krämpfe kamen in 5-10 minütigen Intervallen und blieben dann einige Minuten. Er bekam nichts!!!!!! In seiner Verzweiflung rief Patty dann seinen Vater an. Armin raste mit ihn zur Einrichtung, da dort ja das Medikament war. Laut Aussage von Armin hatte er das Gefühl das Patty ihn während der 35 km langen Fahrt stirbt, da Patty immer stärker krampfte und mit Atemnot zu kämpfen hatte. Die Betreuer in der Einrichtung gaben ihm das Medikament................... und die Krämpfe verschlimmerten sich weiter. Die Betreuer bekamen ebenfalls Panik verfrachteten ihn ins Auto und fuhren in der Klinik, die dem PTV die unterlassene Hilfeleistung angeordnet hat. Armin fuhr hinterher. Patty bekam eine hohe Dosis des notwendigen Medikamentes gespritzt und musste über Nacht zur Beobachtung bleiben. Hätte Patty das Medikament schon beim PTV bekommen, wäre es mit Sicherheit nicht so dramatisch verlaufen. Am liebsten würde ich dem PTV und die Klinik  wegen unterlassener Hilfeleistung anzeigen. Trotzdem wäre das ein Kampf von David gegen Goliath und der PTV soll Patty nach seinen Umzug in unserer Stadt weiter behandeln. Ich habe so eine Wut, dass da das letzte Wort noch nicht gesprochen ist. Armin ist ebenfalls fassungslos.
Hier habe ich mit Erlaubnis einiger Mitglieder aus meinem Forum etwas her kopieren dürfen.

Eine Mutter aus dem Forum schrieb:

Heute bin ich mal wieder so richtig daran erinnert worden, das ja mein Sohn selber Schuld an seiner Krankheit ist. Ich hatte einen Termin beim MDK weil ich einen Reha Antrag gestellt hatte der abgelehnt wurde ( was sonst) . Ich hab natürlich Widerspruch eingelegt und musste deshalb zum Medizinischen Dienst der Krankenkassen. Unter anderem ist auch ein Grund weshalb ich die Reha beantragt habe die Psychische Belastung durch die Krankheit meines Sohnes. Ich muss euch ja nicht erzählen was ich damit meine. Ja aber der Tussi beim MDK musste ich es erklären, naja und was soll ich sagen? Sie meinte, er hat doch bestimmt etwas genommen oder kam die Psychose alleine? Als ich zugestimmt habe, habe ich ihr richtig angemerkt wie abschätzendet sie mich darauf hin ansah und sagte, naja das war ja nicht anders zu erwarten und es wär kein Grund für eine Reha. Ich sollte doch im Wohnort zum Psychiater und wenn ich eine Auszeit wollte, sollte ich halt in Urlaub fahren.
Ich hatte so eine Wut, das ich es nicht beschreiben kann, vor allen da ich in diesem Augenblick kein passendes Argument hatte.


Eine andere Mutter antwortete darauf:
genau die gleichen Worte wurden mir auch gesagt...und das wir es ja gar nicht soweit kommen hätten lassen müssen mit unserm Sohn. Da hätte man früher reagieren können dann hätte ich jetzt keine gesundheitlichen Probleme.
Ich solle in Urlaub fahren...zum Psychologen gehen...den bekäme ich sogar auf Kasse.Die Allgemeinheit bezahle ja schon genug für solche "selbstverschuldete Familien. Ich bin weinend damals da raus...habe nix mehr unternommen denn ich kam mir vor wie eine Schuldige, asoziale Schmarotzerin, die nicht fähig ist ihre Kinder zu erziehen.


Im gleichen Thread von einer Mutter:
unglaublich - das stimmt.
Ich habe im letzten Winter mal eine Überweisung bekommen zu einer psychotherapeutischen Behandlung. Ich saß beim Arzt und konnte nicht aufhören zu weinen. Er nannte das akuter Erschöpfungszustand. Meinte, es gäbe dafür viele Begriffe. Wichtig wäre wohl für mich, über meine Probleme zu sprechen und Stress abzubauen. Damit wurde ich dann nach Hause geschickt. Habe versucht irgendwo einen Termin zu bekommen. Überall Anrufbeantworter - eine nette Psychotherapeutin rief dann wenigstens zurück um mir mitzuteilen, dass sie mich nicht nehmen kann weil Terminkalender voll und sie in Teilzeit..... Sie riet mir, wenn ich nirgendwo einen Termin kurzfristig bekommen kann, mich in eine Klinik zu begeben..... Mein Plan war aber eigentlich, mich RECHTZEITIG zu kümmern. Bevor ein Zusammenbruch einen Klinikaufenthalt nötig macht. Ich denke mal, alles was mit Psyche zusammenhängt erfährt wenig Hilfe. Nur bei einem Totalzusammenbruch - sprich Einlieferung in die Klinik - wird "geholfen". Mit Medikamenten, die einen so abschießen, dass man auf jeden Fall die Klappe hält und keinen mehr nervt......
Ich habe die Krise im letzten Winter mit Hilfe meines Mannes und ein paar lieben Menschen überwunden..... Und was ist, wenn ich irgendwann wieder kurz vor dem Ende bin? - Was ist RECHTZEITIG oder FRÜH GENUG kümmern? - Ich denke, unserer Gesellschaft ist es eigentlich am wichtigsten, dass man, wenn man schon nicht mehr richtig funktioniert, einfach die Klappe hält und keinem zur Last fällt.
Und dieser Eintrag:
es ist wirklich eine Last wenn man Hilfe sucht und keine findet. Nicht mal bei Menschen die sich für die Gesundheit von Menschen einsetzen sollten. Mein alter Hausarzt(war 20Jahre dort in Behandlung)hat zu mir gesagt, als ich mal weinend im Sprechzimmer saß weil ich depri war und Schlaf-oder Beruhigungstabletten wollte für den Notfall wenn es mir schlecht geht,
"entledigen sie sich ihrem Problem und sie werden auch ohne Tabletten auskommen."
Ich bin damals aus der Praxis raus bevor ich diesen "Gott in "weiß angebrüllt hätte. Bin nie mehr hin.
Einen guten Arzt habe ich bis heute noch nicht gefunden der sich einfühlt.


Tims Geschichte:
Tims Gedenkseite habe ich hier ja verlinkt, aber was seine Eltern im Krankenhaus erlebt haben könnt ihr hier lesen
http://www.tims-gedenkseite.de/
unter dem Link Vorgänge im Krankenhaus
So unglaublich vieles hier klingt, es ist das was wir tagtäglich erleben. Es macht mich nicht nur traurig, sondern auch unsagbar wütend.


18 November 2009 ( Pattys Geburtstag)
Vor zwei Tagen habe ich Patty zurück in die Einrichtung geschickt, da ich ihn beim Schnüffeln erwischt habe. Ich war stinksauer.
Er hat sich ebenfalls das Gesicht mit Terpetinersatz eingeschmiert und bettelte die ganze Zeit nach Medikamente.
Gestern kam Patty wieder zu uns um seinen Geburtstag heute mit uns zu feiern. Er war sehr nervös und aufgedreht. Vielleicht lag das auch an dem Depot was er wieder gespritzt bekommen hat. Er war sprunghaft in Gedanken, konnte kaum ruhig sitzen bleiben, war zitterrich, konnte kaum noch unsere Gespräche verfolgen. Immer wieder erzählte er uns, dass er nicht mehr zurück in die Einrichtung wolle ,da man ihn dort umbringen würde. Danach erzählte er uns das er weit weg ziehen wollte, am liebsten nach Süddeutschland. Um 0.00 Uhr habe wir ihm gratuliert und beschenkt. Zum überwiegenden Teil Aussteuer für seine Wohnung. Um Zwei Uhr fing er an zu spinnen und seine Sachen zu packen. Er will hier nicht leben, er will die Wohnung nicht und überhaupt er will jetzt nach Süddeutschland. Bis halb vier habe ich wohl auf ihn eingeredet. Leider kann ich jetzt nur von dem berichten was Sammy mir erzählt hat. Mein Gedächtnis hat  ausgesetzt.
Patty wollte wohl um 6 Uhr den Zug nehmen. Es war zu dem Zeitpunkt halb vier. Daraufhin habe ich Patty die Tür verwiesen mit den Worten das er erst gar nicht solange warten brauche, sondern dann sofort gehen kann. Als er meinte das wäre zu früh und draußen wäre es zu kalt. Ich antwortete  das er mir so weh tut, so das er dann auch 2 Stunden für mich frieren kann. Als er dann ging, habe ich ihm hinterhergerufen " Du läufst mit großen Schritten dem Sensemann entgegen".
Das Allerschlimmste ist das mein Gedächtnis ausgesetzt hat. Ich habe am frühen Abend ein Beruhigungsmittel  eingenommen, aber daran kann es doch nicht liegen. Sammy erzählte mir das ich ganz ruhig und sachlich geblieben bin, ich habe weder geschimpft noch war ich hysterisch.. Im Gegenteil ich habe Armin wohl gesagt, das wir jetzt zusammenhalten müssen und hart bleiben müssen. Patty soll merken das es so nicht geht. Als Patty dann weg war habe ich viel getrunken und nur noch wirres Zeug geredet. Armin hat mich dann ins Bett verfrachtet.
Als meine Mutter heute morgen kam um Patty zu gratulieren, habe ich ihn in der ganzen Wohnung gesucht. Armin angerufen, ob er wüsste wo Patty sei, erzählte er mir was vorgefallen ist. Später erzählte mir dann Sammy alles und ich bin entsetzt über meinen Aussetzer. Diese Stunden sind nicht mehr in meinem Gedächtnis. Mein Kopf macht zu, oder werde ich verrückt?! Heute Nachmittag erzählte mir Sammy das ich zu ihm gesagt habe, wenn Patty stirbt dann sterbe ich auch! Auch daran habe ich keine Erinnerung mehr. Ich habe Sammy und auch meiner Mutter versprochen, dass ich mir auf keinen Fall etwas abtuen werde. Es gibt mehr Gründe weiterzuleben, (oder soll ich es weiterleiden nennen). Sammy und meine Mutter hatten Tränen in den Augen und ich habe ein schlechtes Gewissen.
Um 16.13 Uhr  habe ich dann bei meiner Mutter gesessen und wehmütig 26 Jahre zurückgedacht. Zudem Zeitpunkt ist Patty geboren. Oh Gott ich bin so was von traurig und erschrocken über mich selbst.
ICH BIN FIX UND FERTIG!!!!!!


21. November 2009
Patty ist am 19. November wieder nach Hause gekommen. Meine Erinnerung nicht,, aber mein Körper hat mich gewarnt. Ich bin an meine Grenzen gekommen.
Es ist 10 nach 12 und ich bin am grübeln, wie schon die Tage zuvor. Ich hatte mir zwei Wochen Urlaub nehmen müssen, bis Dezember muss dieser weg sein. Am Montag geht es wieder los mit der Arbeit und ich bin so durcheinander. Obwohl Patty wieder da ist, bin ich sehr beunruhigt. Er erzählte mir das er wieder seine " Fabelwesen" gesehen hat, so nennt er die Dinge die er nur sehen kann. Es wären halbtransparente Wesen, die sich in der Form verändern würden und auch Dinge bewegen könnten. Zudem hat er Verfolgungswahn, meint in der Einrichtung versuche man ihn umzubringen. Ich selbst komme mit meiner Grübelei nicht klar und sein Kopf ist voller Gedanken und Gespinsten. Ich denke mir mal ihm muss es sehr schlecht dabei gehen. Heute schlief er den ganzen Tag und auch jetzt liegt er in seinem Bett und schläft. Wenn ich ihn beim schlafen beobachte ist sein Gesicht ganz entspannt. Er hat dann fast seine alten Gesichtszüge. Ist er wach ist sein Gesicht angespannt und unnatürlich. Er spricht noch nicht einmal mehr mit seiner gewohnten Stimme. Seine Stimme wirkt wie gepresst, ach ich kanns nicht beschreiben.
Heute saß ich bei meiner Mutter, sie macht sich so große Sorgen um mich und das will ich nicht. Ich habe ihr versprochen das ich auf mich aufpasse. Trotzdem weiß ich nicht wie ich Situationen aushalten soll die mich vielleicht noch mehr aus der Bahn werfen. Nach Pattys erster Zwangseinweisung vor 6 Jahren habe ich gedacht die Welt wäre zusammen gebrochen. Danach gab es nur noch Steigerungen mit endlosen nervenzerreißenden Situationen, chaotischen Zuständen und vor allen der Verlust unsere Hoffnung auf seiner Genesung. Ich hatte des Öfteren Angst um sein Leben und mittlerweile begleitet mich diese Angst Tag und Nacht. Wenn einer dieses Leben was ich und meine Familie, aber vor allen Dingen mein Sohn lebt nicht kennt, dem ist es auch kaum möglich dieses nachzuvollziehen. Der kennt diesen Schmerz nicht, der mich dauernd begleitet obwohl mein Sohn da nicht ganz unverschuldet reingeraten ist. Wie viele Leute  allein schon aus dem Bekanntenkreis können mich nicht verstehen, oder nicht nachvollziehen das ich ihn längst vor der Tür gesetzt habe. Ich kann es ihnen noch nicht einmal für Übel nehmen. Sie kriegen meinen eigenen Zerfall mit. Ich habe mal geschrieben das Pattys Persönlichkeit sich mit 19Jahren von mir verabschiedet hat. Meine Sorglosigkeit, meine Fröhlichkeit, meine Zuversicht, meine Lebenslust haben sich ebenfalls bei mir verabschiedet. Meine ständigen Begleiter sind Wut, Enttäuschung, Trauer, Morgentief, schlaflose Nächte, Depressionen und die nagende Angst um ihn. Meine anderen beiden Jungen sind erwachsen und werden hoffentlich ihren Weg gehen. Für Patty werde ich wahrscheinlich ein Leben lang sorgen müssen. Es gibt so viele Krankheiten auf dieser Welt, Naturkatastrophen , sooo viel Armut und Leid die unverschuldet ist.  Viele weinende Mütter die sich immer wieder fragen "Warum gerade ich" Dann frage ich mich immer wieder: Habe ich ein Recht so um mein Kind zu weinen, das so bewusst in den Abgrund geraten ist.????????
Allen Gästebuchschreibern
für Eure mutmachenden Worte herzlichen Dank.


5.Dezember 2009
Es gibt Tage und Situationen da nehme  ich vieles persönlich, obwohl ich weiß das es nicht so ist.
Letze Woche bin ich in einer Polizeikontrolle 25kM/H zu schnell, einen Punkt in Flensburg, 101 €uro, vor Weihnachten. Gut ich war selbst schuld. Gestern als ich Feierabend hatte und zum Parkplatz ging sah ich dann die nächste Bescherung. Mein Auto, Scheibe eingeschlagen, Navi geklaut,......................ich hätte schreien können. Scheibe bekomme ich ersetzt, Navi nicht. Der ganze Parkplatz ist gut besucht, irgendjemand hätte da etwas mitbekommen müssen. Abgesehen davon das mir vor ein paar Monaten einer reingefahren ist, auf diesen Parkplatz und Fahrerflucht begangen hat.
Patty hatte eine Wohnung. Zum ersten Dezember hätte er einziehen können. Nur noch Mitvertrag unterschreiben, allerdings mussten wir vorher die Genehmigung von der Grundsicherung einholen. Die Dame von der Grundsicherung hat Urlaub, der andere Kollege bearbeitet ihre Sachen nicht da der Buchstabe W (erster Buchstabe des Familiennamens) nicht unter seiner Zuständigkeit fällt. Fazit,: Wir haben Patty jetzt zu Hause wohnen, die Wohnung ist mit großer Wahrscheinlichkeit weg, kein Ende in Sicht. Die Ersthilfe war ebenfalls nicht beantragt, ebenfalls warten, warten, warten.
Patty ist sehr anstrengend. Ich gehe jeden Tag mit einem ungutem Gefühl arbeiten. Zu Hause erwartet mich regelmäßig Chaos. Armins Geduldsfaden ist des Öfteren gerissen, er kommt gar nicht mit der Situation zu recht. Armin geht im nicht gut. Ständig hat er Schmerzen, sein Zucker stimmt nicht mehr. Wahrscheinlich wird er auf die Insulinpumpe eingestellt, da seine morgentliche Blutzuckerwerte extrem hoch sind und er auf das bisherig verordneten Insulin nur schlecht reagiert. Mit den Gedanken an der Insulinpumpe kann er sich nur schlecht anfreunden. Der hohe Zuckerwert macht ihn unruhig, müde und ungehalten. Selbst wenn ich das verstehe ist es im Moment gerade schwierig mit Armin.
Patty bettelt ständig nach Medikamenten. Tag und Nacht. Wenn ich arbeiten bin durchwühlt er sämtliche Schränke nach diesen. Meistens erfolglos! Er ist übernervös, verhält sich nicht angemessen, ist chaotisch und sehr, sehr krank. Es wird mir immer mehr bewusst das ich ihn nur unterstützen kann, aber nicht helfen. Ich habe so oft von Ärzten, Betreuern gesagt bekommen, dass ich damit rechnen muss das Patty eines Tages vor mir gehen wird. Mit dem Gedanken um ihn zu kämpfen habe ich mich ehe anfreunden können. Mir wird durch die Nähe in der wir uns gerade befinden immer klarer, dass er jeden Tag mit seinem Leben spielt. Seine Krankheit ist nicht zum Stillstand gekommen, sondern wird immer schlimmer. Je schlimmer seine Krankheit wird, umso mehr spielt er mit seinen Leben und ich habe kaum Möglichkeiten das zu verhindern. Seine Brüder kommen ebenfalls sehr schlecht mit der Situation zurecht. Soll ich Patty deswegen auf die Straße setzen? Wir sind uns einig, dass wir das nicht tun. Trotzdem fahre ich zur Zeit nach Feierabend nicht gerne nach Hause. Es erwartet mich Chaos, Unstimmigkeiten, Streit, Stress und überhaupt ist alles trostlos. Ich habe der Betreuerin gesagt da sie Gas geben muss, die Situation ist zur Zeit unerträglich.
Das sind dann die Tage und Situationen in denen ich mich frage" Warum??????????????"


16. Januar 2010
Lange habe ich nicht mehr geschrieben. Selbst in meinem eigenen Forum fällt es mir schwer mitzuhalten., obwohl ich für dieses verantwortlich bin. Ich habe allerdings auch rege Mitschreiberinnen und vor allen Dingen einen Mit-Admin, die trotz aller eigenen Sorgen und Nöten dieses Forum aufrecht hält. Hier nochmal eine herzliches Dankeschön. Gestern ist mein Stiefbruder zu Grabe getragen worden .Meinen Stiefbruder hat man am 30. Dezember tot in seiner Wohnung aufgefunden. Auch er starb an den Folgen einer Suchterkrankung. Alkoholvergiftung) Mein Stiefbruder  war einmal ein lebenslustiger Mensch mit einem großen Freundeskreis. Er war sehr hübsch,  hat eine Zeitlang sogar gemodelt, hilfsbereit und liebenswert. Trotzdem hat die Sucht einen Menschen aus ihn gemacht, der ihn später alleine sterben ließ. Er war kein schlechter Mensch Als ich klein war,  war er immer der Bruder den ich haben wollte. Ein großer Bruder. Mal wohnte er bei uns, dann wieder bei seiner Mutter. Schon damals war er hin und her gerissen......  und dann kam irgendwann der Absturz. Alkohol. Differenzen zwischen meinen Vater und ihm. Mein Vater war ein sehr konservativer Mann und mein Bruder konnte nicht einmal einen Job für eine längere Zeit halten. Ständig gab es Streit, oder man hatte gar keinen Kontakt,...über Jahre. Ich war damals noch sehr jung und doch war mir in jungen Jahren schon bewusst um was es ging. Er trat immer wieder in mein Leben, auch viele Jahre ohne Kontakt und wenn,......... zu Beerdigungen, oder anderen Familienfeiern. Irgendwie hatte ich den Bezug zu ihm verloren. In meinen Augen war er ein Versager, der sein Leben nicht auf die Reihe bekommt. Wie oberflächlich auch ich gedacht habe.
Es gab immer Kontakte und dazwischen gab es einige Jahre " Nichts". Immer zu einem erneuten Wiedersehen, gab es Entwicklungen. Ich war entweder in anderen Umständen, oder gerade wieder Mutter und er,............ immer tiefer in diesem Abgrund. Trotz allem war er immer noch der alte Charakter. Liebenswert, menschlich und ständig auf der Suche. Auf der anderen Seite hat er zu dem Zeitpunkt schon sehr viele Menschen vor dem Kopf gestoßen, allein durch den Suchtdruck und trotzdem blieb er im Kern " Sich selbst treu". Die letzten Male als wir uns getroffen haben war auf der Beerdigung meines Vaters und Ostern darauf. Er empfand es schlimmer wie Patty drauf war und Patty empfand es schlimmer umgekehrt. Es bleibt mir noch fest in Erinnerung das Patty ihm die Zigaretten gedreht hat und meine Stiefbruder versucht hatte diese Tage ohne Alkohol zu verbringen . 14 Tage bevor man ihn tot aufgefunden hatte, hat er noch meine Mutter angerufen. Er war in höchster Not, da er zum 31. 12 eine Räumungsklage hatte. Meine Mutter erzählte mir davon und ich habe sie angefleht ihn nicht aufzunehmen. Das alles mit dem Argument mich nebst Patty nicht noch um einen weiteren Suchtkranken kümmern zu können ( Wie schon mehrfach beschrieben wohnen meine Mutter und ich Tür an Tür). Als ich die Todesnachricht bekam, war es als wenn man mir den Boden unter den Füßen wegzieht. Mein Stiefbruder hat sich ins Koma gesoffen. Er hat somit auf seine Art seinem Leben ein Ende gesetzt um sich aus dem quälenden Leben zu entziehen. Mein Stiefbruder starb 5 Tage nach seinem 52. Geburtstag
Die Beerdigung war mit 6 Familienangehörigen . Es war nur eine gute Bekannte da. Für Todesanzeige fehlte das Geld. Nebst der Urne gab es einen  Kranz, den meine Mutter noch in der Nacht liebevoll gesteckt hat. Mehr war nicht da. Ein beliebter Mensch, der sich mit seiner Sucht um Familie und Freunde gebracht hat. Nicht mehr als ein Häufchen Asche, ohne Glanz und Gloria.
Hätte ich, wir, die ganze Familie ihm noch helfen können????????
Ich glaube nicht. Er hat in den ganzen Jahren soviel Hilfe bekommen und trotzdem hat die Sucht gesiegt. Immer und immer wieder. Wie oft haben ihn meine Eltern aufgenommen und wie oft hat er im Rausch alles zerstört. So oft hat seine Mutter ihm geholfen, noch bis zum Tod, obwohl sie schwer erkrankt ist.
Das einzige was ich daraus ziehe.
Parallelen zu meinem suchtkranken Sohn.
Parallelen zu meinen anderen Söhne, denn auch ich war Schwester eines Suchtkranken.
.........und die Frage, wie weit Patty sich mit seiner Sucht bringt.